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Konferenz mit Dr. Michael de Ridder


Am Mittwoch, 10. Juni 2015 fand im Auditorium der "LaLux" eine Konferenz mit Dr. Michael de Ridder statt.
In der gut besuchten Konferenz „Medizinische Entscheidung am Lebensende - Sinnvolle Lebensverlängerung oder leidvolle Sterbeverzögerung“ ging Dr. de Ridder auf die schwierigen Entscheidungen ein, die sich oft am Lebensende bei schwerkranken oder bei alten, multimorbiden Menschen stellen.
Mit verschiedenen Fragen versuchte er, einer sinnvollen Entscheidung auf die Spur zu kommen : „Ist das was gestern zum Wohl des Patienten war, auch heute noch zu seinem Wohl und gleichzeitig von seinem Willen gedeckt ?“

Er zitierte ebenfalls die Aussage des „liebevollen Unterlassens“ von Dr. Borasio, die nicht nur das Loslassen eines schwerkranken Menschen und seiner Angehörigen umfasst, sondern auch das Loslassen des Arztes und der Pflegenden.

Zwischen der Aussage: „wir tun alles was wir können“ und „wir können nichts mehr tun“ zeigten sowohl die Palliativmedizin, wie auch die Menschlichkeit im Allgemeinen, andere Lösungsmöglichkeiten auf, wobei der Wille des Patienten, ob mündlich geäußert, schriftlich festgehalten oder sich auf den mutmaßlichen Willen des Betroffenen berufend, immer handlungsweisend sein müsse. Dies sei in Deutschland, genau wie in Luxemburg, trotz des Palliativgesetzes (2009) und des Gesetzes über die Rechte und Pflichten des Patienten (2014), immer noch problematisch.

Nach dem Motto : „Lebensverlängerung darf nie zum Selbstzweck werden“ wies Dr. de Ridder auf die Gefahren der „Hochleistungsmedizin“ hin, die, bei nicht sinnvoller Anwendung – z.B. bei Menschen, die unheilbar krank und dem Tod nahe sind - eher eine Qual als eine Erleichterung und somit zu unterlassen sei. Palliativmedizin hingegen könne die Lebensqualität erhalten oder sogar noch verbessern. Die Begrenzung oder die Beendigung von nicht mehr sinnvollen Therapien – die keine Heilung oder Verbesserung des Zustandes herbeiführen, im Einklang mit dem Willen des Patienten, seien somit nötig.
Etliche Fragen aus dem Publikum befassten sich mit Fragen nach
  • der Euthanasie und dem assistierten Suizid, wobei nach Aussage von Dr. de Ridder die Nachhaltigkeit des Wunsches des Patienten eine unumgängliche Rolle spielt (Anmerkung: der assistierte Suizid ist aktuell Verhandlungsthema in Deutschland, nicht aber die Euthanasie)
  • der Intention einer Sedierung, d.h. lindere ich wirklich nur das Symptom unter dem der Patient leidet oder weiß ich dass er sterben wird, wenn ich die Dosis erhöhe?
  • der Verantwortung des Todes im Falle einer Euthanasie oder eines assistierten Suizides – die Verantwortung liegt klar bei der Person, die diese Maßnahme bei ihrem Arzt beantragt hat, der Arzt ist der Garant der erfolgreichen Umsetzung des Patientenwillens, wenn er sich für eine dieser Maßnahmen entscheidet
  • der Sinnhaftigkeit des Verbots einer normalen Ernährung eines älteren Patienten durch den behandelnden Arzt wegen begrenzter Schluckstörungen
  • der Abrechnungssysteme von Krankenhäusern (Gesundheitskasse), die aus finanziellen Gründen öfters eher für lebensverlängernde Maßnahmen plädieren und dabei das Wohl des einzelnen Menschen nicht in Betracht zu ziehen.
Als Grundidee betonte Dr. de Ridder in seinem Vortrag das Selbstbestimmungsrecht des Patienten: jede ärztliche Maßnahme bedürfe einer medizinischen Indikation UND der Zustimmung des Patienten.

Dr. Michael de Ridder ist Internist und Rettungsmediziner und seit mehr als 30 Jahren im ärztlichen Beruf tätig. Bis zum Jahresende 2011 war er Chefarzt der Rettungsstelle des Vivantes Klinikum « Am Urban » in Berlin Kreuzberg. Seit mehr als 10 Jahren befasst er sich schwerpunktmäßig mit der Medizin am Lebensende und äußert sich zu diesem Thema immer wieder in den Medien. Er ist Vorsitzender einer Stiftung für Palliativmedizin und Mitgründer des 2012 eröffneten Vivantes Hospizes in Berlin-Tempelhof, dessen Geschäftsführer er bis zum 1.1. 2014 war und in dessen Kuratorium er nun mitarbeitet. Im März 2010 veröffentlichte er in der Deutschen Verlagsanstalt (DVA) das viel beachtete Buch „Wie wollen wir sterben? – Ein ärztliches Plädoyer für eine neue Sterbekultur in Zeiten der Hochleistungsmedizin.“

Im Frühjahr 2015 erschien sein neues Buch „Welche Medizin wollen wir? - Erfahrungen und Einsichten eines Klinikarztes.“

Weiterführende Artikel von Dr. de Ridder

www.oekumenischer-hochschulbeirat-jena.de/Resources/Vortrag Jena.pdf

www.spiegel.de/spiegel/a-684976.html

Bücher von Dr. de Ridder

2015
Welche Medizin wollen wir ? Warum wir den Menschen wieder in den Mittelpunkt ärzlichen Handelns stellen müssen ?      

2010
Wie wollen wir sterben ? Ein ärztliches Plädoyer für eine neue Sterbekultur in Zeiten der Hochleistungsmedizin.

Andere Artikel

www.blaetter.de/archiv/jahrgaenge/2014/februar/sterben-duerfen




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